Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt   Theologische Fakultät
Pastoraltheologie
Instructio Pastoralis EystettensisInformationen

Instructio Pastoralis

Ein Eichstätter Lehrbuch

von Alfons Fleischmann

... Wenn die Diözese Eichstätt sich zur 4. Zentenarfeier ihres Seminars und ihrer Hochschule anschickt, dann erscheint es nicht unpassend, bei dieser Gelegenheit auf ein Werk aufmerksam zu machen, das fast 200 Jahre lang für die Ausbildung des Klerus der Diözese und ihr seelsorgerliches Wirken von großer Bedeutung war, ein Werk, das zugleich ein klassisches Beispiel für den Versuch darstellt, die Seelsorge auf dem Weg über oberhirtliche Anweisungen den jeweiligen Zeitverhältnissen und Zeitbedürfnissen anzupassen. Ich meine damit die Instructio Pastoralis Eystettensis, die ihr letzter Herausgeber Bischof Franz Leopold Freiherr von Leonrod ein goldenes Buch (liber aureus), ein ausgezeichnetes Werk (opus praeclarum) genannt hat.

Über die Eichstätter Pastoralinstruktion in dieser Jubiläumsschrift zu schreiben, ist aus mehreren Gründen naheliegend. Das Collegium Willibaldinum und die Eichstätter Pastoralinstruktion stehen ja nicht beziehungslos nebeneinander. Die Pastoralinstruktion war bis in das 20. Jahrhundert herein das maßgebende Lehrbuch für die theologische Disziplin der Pastoraltheologie an der Eichstätter Hochschule. Sie geht überdies - in ihrer ursprünglichen Gestalt wie in ihren späteren Fassungen - auf die maßgebende Mitarbeit von Professoren dieser Hochschule zurück. Und schließlich können beide, das Collegium Willibaldinum und die Pastoralinstruktion, ihre Enstehung auf eine gemeinsame Wurzel zurückführen, auf Beschlüsse und Anregungen des großen Reformkonzils von Trient (1545 - 1563). Während freilich das Seminar schon kurz nach Beendigung des Konzils ins Leben trat, entstand die Instruktion, wenigstens in ihrer endgültigen Gestalt, erst in der Mitte des 18. Jahrhunderts. Zu ihren Vorläufern in weiterem Sinne darf man allerdings bereits den auf Anordnung des Konzils verfaßten Catechismus Romanus ad Parochos (erschienen 1566) rechnen, mehr noch die seelsorgerlichen Anleitungen, die der große Reformbischof von Mailand, der hl. Karl Borromäus (gestorben 1584), als Frucht ausgedehnter Visitationsreisen und zahlreicher Pastoralkonferenzen für seinen Diözesanklerus erlassen hat. Hierzu gehören die Instructio pastorum und die Instructio ad concionandum confessionisque et eucharistiae sacramenta ministranda, die als Acta ecclesiae Mediolanensis 1582 erstmals in Druck erschienen sind und bald in ganz Europa ihren Einfluß ausgeübt haben. Angeregt von diesem großen Vorbild haben in der Folge eine Reihe anderer Bischöfe Anweisungen herausgebracht, in denen sie die für die Seelsorge bedeutsamen kirchlichen Gesetze und in der Diözese geltenden pastoralen Gewohnheiten zusammenfaßten und ihrem Klerus als verpflichtende Norm ihrer Arbeit, als Diözesangesetz, in die Hände legten.

Eine der bedeutendsten und bekanntesten ist unsere Eichstätter Pastoralinstruktion. Sie ist erstmals erschienen im Jahre 1768, auf Geheiß des damaligen Fürstbischofs Raymund Anton, Graf von Strasoldo, eines rührigen und weltoffenen Mannes, der von 1757 - 1781 den bischöflichen Stuhl von Eichstätt innehatte. Verfasser der Pastoralinstruktion waren der Professor der Moraltheologie am Collegium Willibaldinum P. Augustin Kraus SJ und der Kanoniker am Willibaldschor und Beichtvater des Bischofs Lic. theol. Ignaz Heissig, vorher Pfarrer in Etting. Zur Begründung seines Unternehmens schreibt Bischof Raymund in der Einleitung der Instruktion:

"Hinc quemadmodum alii Reverendissimi Ordinarii Instructiones pastorales, ad usum Romanum accomodatas, pro suis quisque dioecesibus edidere: Nostri quoque muneris esse judicavimus, ut praecipue parochis et curatis nostris officialem quandam Institutionem traderemus, unde ad maiorem Dei gloriam animarumque salutem quandam uniformem Pastoralium officiorum normam et rationem sequerentur, ut concors fidei morumque doctrinae integritas in ritibus quoque ac caeremoniis eluceat."

Neben der Herstellung einer einheitlichen Seelsorgepraxis war es Bischof Raymund Anton, wie er selbst in der Einleitung hervorhebt, vor allem auch darum zu tun, eingeschlichene Mißbräuche zu bekämpfen, die Seelsorger über die neueren päpstlichen Erlasse und Dekrete der Römischen Kongregationen zu unterrichten und zugleich dem Mangel an geeigneter pastoraler Literatur in der Hand der Seelsorger abzuhelfen.

Die Wirren der Säkularisation brachten auch für das Bistum Eichstätt das Ende der weltlichen Herrschaft und im Zusammenhang damit eine große Umstellung der Seelsorge. Dies spiegelt sich recht eindrucksvoll in der Neuausgabe der Pastoralinstruktion wieder, die 1854 auf Anordnung des Bischofs Georg von Oettl erschien. In seinem Vorwort zu dieser 2. Auflage schreibt Bischof Oettl, der von 1846 - 1866 segensreich auf dem Stuhle des hl. Willibald regierte: "... in priori editione multa continentur, quae aut temporum vicissitudine abolita aut recentioribus interim decretis et ordinationibus ... tum a S. Sede turn a venerabilibus huius Sedis Episcopis editis, suppleta sunt."

Abermals erweitert, ergänzt und dem neuesten Stand der kirchlichen Gesetzgebung angepaßt, erschien das Werk unter Bischof Franz Leopold Freiherr von Leonrod (1867 - 1905), und zwar in drei Auflagen, die erste am Anfang seiner Regierungszeit (1871), die zweite wenige Jahre darnach (1877), und die dritte gegen Ende seines bischöflichen Wirkens (1902). Ihre Bearbeiter waren neben Mitgliedern des Domkapitels wiederum Professoren der theologischen Hochschule, damals Bischöfliches Lyceum genannt.

Was den Inhalt der Instructio Pastoralis Eystettensis anlangt, so schließt sich die gesamte Darstellung, sowohl in den einzelnen Themen wie in der Reihenfolge, eng an den Ordo ad visitandas parochias an, der im Pontificale Romanum den Bischöfen für die kanonische Visitation der Pfarreien vorgeschrieben worden war. In diesem 1596 unter Papst Paul V. erlassenen Rituale für Bischöfe heißt es bezüglich der einzelnen Visitationshandlungen des Bischofs: "Incipit (scil. Episcopus) visitationem a Sanctissima Eucharistia, ad baptisterium, inde ad sancta olea, ad sacras reliquias, tum ad altaria et capellas et sacras imagines, tum ad sacristiam et coemeterium se confert, post ad aedes canonicales, hospitalia, confraternitates et alia loca pia ... Depositis indumentis ecclesiasticis confessiones et deinde querelas, si quae sunt, audit. Tum de conversatione cleri et populi, ac qualiter spiritualia et temporalia in ipsa ecclesia ministrantur, et de libris ac ornamentis diligenter de piano inquirit."

Dieser Reihenfolge schließt sich die Pastoralinstruktion unter Verzicht auf eine wissenschaftliche Systematik an und behandelt: die hl. Eucharistie (darunter Messe, Kommunion im allgemeinen, Osterkommunion, Viaticum), das Sakrament der Taufe (darunter feierliche Taufe, private Taufe, Hervorsegnung der Wöchnerinnen), die hl. Öle (darunter die hl. Öle im allgemeinen, das Sakrament der Firmung, das Sakrament der letzten Ölung, das Sakrament des Ordo), die hl. Reliqien, die Altäre, die Kapellen und Kirchen, die Verehrung der hl. Bilder, Sakristei und Turm, Friedhof und Beerdigung, das kirchliche Asylrecht, die frommen Vereinigungen für Weltleute, das hl. Sakrament der Buße (in der 5. Auflage sehr erweitert behandelt!), das Sakrament der Ehe (mit ausführlicher Behandlung kirchenrechtlicher Fragen). Dann folgt ein Abschnitt über das Leben und die Standestugenden der Kleriker, ein auch heute noch aktueller Tugendspiegel für Geistliche, über das Seelsorgeamt (die pfarrlichen Rechte und Pflichten), die Verwaltung geistlicher und weltlicher Güter, die Kirchenbücher und den Kirchenschmuck.

Zum Schluß werden unter dem Thema "Die allgemeine Visitation" die der seelsorglichen Oberaufsicht dienenden Einrichtungen, die bischöfliche Kurie, das Dekanat, die Pastoralkonferenzen und die Diözesansynode behandelt. Im Anhang sind eine Reihe von Fomularien abgedruckt, die für den amtlichen Schriftverkehr der Seelsorger von Bedeutung sind. Es wäre recht lehrreich, die Abwandlung der einzelnen Themen in den fünf Auflagen genauer zu verfolgen. Dies würde aber den Rahmen dieser Skizze völlig sprengen.

Ein kurzer Blick soll noch auf die Quellen fallen, aus denen die Verfasser der Pastoralinstruktion geschöpft haben. Es ist eine unglaublich große Zahl von seelsorgerlich bedeutsamen Dokumenten aus alter und neuerer Zeit, aus der allgemeinen Kirchengeschichte und der Eichstätter Diözesangeschichte, die darin ihren Niederschlag gefunden haben. ...

Wenn wir uns abschließend die Frage stellen; Ist die Eichstätter Pastoralinstruktion heute noch von nennenswerter Bedeutung, so läßt sich darauf folgendes erwidern:

1. Die Pastoralinstruktion ist ein Dokument von bleibendem geschichtlichem Wert. Sie vermittelt uns nicht nur das Verständnis für eine vergangene Periode der Eichstätter Diözesangeschichte, sondern auch für einen Teil der heute noch in der Diözese bestehenden seelsorgerlichen Gewohnheiten.

2. Was die liturgischen und kirchenrechtlichen Anweisungen der Pastoralinstruktion anlangt, so sind diese zu einem nicht unbeträchtlichen Teil überholt. Sie werden wohl durch die anstehende Neuordnung des kirchlichen Gesetzbuches und der Liturgie und andere Auswirkungen des 2. Vatikanischen Konzils noch weitergehend außer Kraft gesetzt.

3. Dagegen sind viele pastorale und aszetische Anweisungen und Anregungen des Werkes bis zum heutigen Tage von hoher Aktualität, ja von bleibender Gültigkeit. Sie sollten deshalb nicht der Vergessenheit anheim fallen, vielmehr von den Priestern aufmerksam gelesen und in der Seelsorgearbeit beachtet werden.

4. Angesichts der erwähnten umfassenden Neuordnung der Seelsorge in unseren Tagen fragt es sich freilich, ob man dem Wunsche mancher Diözesanpriester Rechnung tragen sollte, für die Pastoralinstruktion eine Neuausgabe vorzubereiten. Falls man die Frage bejaht, wofür, wie eben dargetan, gewisse Argumente sprechen, wäre immer noch zu prüfen, ob man nicht wenigstens den Abschluß der zu erwartenden gesetzgeberischen Maßnahmen abwarten sollte oder aber eine Ausgabe in Form eines Loseblatt-Lexikons wählen sollte. Auch die Übersetzung in die deutsche Sprache wäre mit Rücksicht auf den Wunsch vieler Priester in Erwägung zu ziehen.

Man sagt dem Klerus der Diözese Eichstätt nach, er sei mit der kirchlichen Tradition besonders eng verbunden, habe ein starkes Zusammengehörigkeitsgefühl und zeige große Hingabe und Treue in der Erfüllung seiner seelsorgerlichen Aufgaben. Falls dies seine Berechtigung haben sollte, mag es wohl auf die weitschauende und väterliche Hirtensorge zurückzuführen sein, mit der die Eichstätter Bischöfe der letzten Jahrhunderte für Klerus und Volk ihrer Diözese tätig waren.

Es ist jene weise und gütige Hirtensorge, in der bereits ein Jahr nach Abschluß des Konzils von Trient Bischof Martin von Schaumberg mutig und entschlossen daranging, in Erfüllung der Tridentiner Beschlüsse für den Klerus seiner Diözese eine geeignete, damals offensichtlich modernste Bildungs- und Erziehungsstätte zu schaffen.

Es ist die gleiche Hirtensorge, in der sein Nachfolger Bischof Raymund Anton von Strasoldo sich im Geiste des Konzils anschickte, in der Instructio Pastoralis Eystettensis den Priestern seiner Diözese eine Lebensregel und Dienstordnung zu schenken, die ihnen in den damaligen Zeitverhältnissen einen klaren und sicheren Weg für ihr priesterliches Leben und ihr seelsorgerliches Wirken aufzeigte.

Quelle: 400 Jahre Collegium Willibaldinum Eichstätt, Eichstätt 1964, S. 133 - 139

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 © Peter Mösgen Peter Mösgen 12. Oktober 2001